Eine Besichtigung der besonderen ART - Die Villa Stauss in Berlin
Im Zuge der Vorbereitungen für die geplante Ausstellung „Art Déco – Eine Kunst des Historismus?“ (Juli-Nov. 2019) konnte das Organisationsteam Christian Juranek, Ulrich Feldhahn und Melitta Jonas mit Sondergenehmigung des heutigen Besitzers am 13. Mai die prächtige Villa Stauss in der Pacelliallee 14 in Berlin-Grunewald besichtigen.
Die renommierten Berliner Architekten Cremer & Wolffenstein stellten das Haus in die Nordwestecke des großen, trapezförmigen Grundstücks und erreichten damit die größtmögliche Ausnutzung des von außen her kaum einsehbaren Gartens, der von Willy Lange gestaltet wurde. Am Ende des Rasenparterres, der Terrasse gegenüberliegend, steht als Point de Vue ein in Bronze gegossener Nymphenbrunnen von Walter Schott.
Die Anlage des Hauses, ein winkelförmiger Bau mit Turm in der Mittelachse, vermittelt das Bild eines kleinen Landschlosses. Der Besucher wird durch die zwei Flügel gleichsam mit geöffneten Armen empfangen, ein Motiv, das formal in der Nachfolge von Muthesius Haus Freudenberg steht. Bei der Fassadengestaltung orientierten sich die Architekten in ihrer Formensprache mit Mansardendach, Rustika-Eckverkleidung und turmförmigen Mittelrisalit auf der Strassenseite sowie einer Säulenloggia auf der Gartenseite jedoch an Vorbilder der Renaissance und des Barock.
Die Innenausstattung sämtlicher Räume, darunter Wohn-, Speise-, Schlaf-, Herrenzimmer und Bibliothek wurde 1914 von der führenden Berliner Kunsttischlerei „Kimbel & Friedrichsen“ ausgeführt. Dem Hofkunsttischler Kaiser Wilhelms, Wilhelm Kimbel (1868-1965), kommt in der Ausstellung eine besondere Bedeutung zu, da er 1919/1920 im Schloß Wernigerode mehrere Räume aus- und umgestaltet hat.
Zur Freude des Ausstellungsteams haben sich in der Villa Stauss sowohl Raumausstattungen als auch originales Mobiliar von Kimbel erhalten.
Die Enteignung der Villa Stauss durch die Sowjets 1945 mußte der Erbauer nicht mehr erleben. 1949 ging die Villa dann in den Besitz des Bundes über und war fortan Residenz der amerikanischen Stadtkommandanten in Berlin. Nach der Wiedervereinigung und dem Auszug des letzten Stadtkommandanten im Oktober 1990 diente die Villa dem Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Hans-Dietrich Genscher als Repräsentanz. Seit 2008 ist die Villa in Privatbesitz.
Mit seiner besonderen Architektur und künstlerischen Gartengestaltung – erwähnenswert ist auch der private Tennisplatz - sowie der kostbaren Innenausstattung gehört die Villa als Gesamtkunstwerk zweifelsohne zu den wenigen weitgehend erhaltenen, großartigen Zeugnissen der Berliner Kulturgeschichte.
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