Modebewusst

Héloïse Leloir: Modeillustration mit zwei Damen und einem Mädchen
Stahlstich, koloriert, 24,3 x 18,3 cm (Blattgröße)
um 1850/60
© Schloß Wernigerode, Inv.-Nr. 001361

Die 2022 für die Schloß Wernigerode GmbH erworbene Mode- und Textilsammlung des Trierer Modeexperten und -designers Ralf Schmitt (1963-2021) umfasst neben einer Vielzahl historischer Kleidungsstücke und Accessoires auch eine Reihe von gerahmten Modeillustrationen. Diese stammen alle aus der damals tonangebenden Modemetropole Paris und dienten als Bebilderung von Zeitschriften und Werbeprospekten zur Verbreitung von aktuellen Trends.

Das hier ausgewählte Beispiel entstammt der Zeitschrift „Le Magasin des Familles“, einem ab 1849 monatlich erscheinenden Periodikum, das sich neben der Kleidermode auch anderen die Familie und das häusliche Leben betreffende Themen wie Erziehung, Gesundheit oder Poesie widmete. Die Vorlage für den kolorierten Stahlstich schuf die Künstlerin Héloïse Leloir (1819-1874), deren Aquarelle und Miniaturen damals auch vielfach als Illustrationen für Romane dienten.

Die Darstellung zeigt zwei Damen und ein Mädchen in einem Schlafzimmer, in dessen Hintergrund ein Bett mit hohem Baldachin steht. Die in der Mitte sitzende Dame trägt ein blau-gemustertes Tageskleid mit enger Taille, weitem Rock und Spitzenbesatz an den Ärmeln, während die beiden seitlichen Figuren mit Überjacken und Hauben offenbar für einen Spaziergang ausgestattet sind, zu dem sie die Sitzende animieren möchten. Sowohl im Mobiliar wie auch der Beschaffenheit der Kleidung ist eine deutliche Bezugnahme auf spätbarocke Formen des 18. Jahrhunderts zu erkennen, wie sie für die Zeit um 1850 im Sinne eines Neobarocks charakteristisch war.

Autor: Ulrich Feldhahn

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Halali im Grunewald

Jagduniform des preußischen Königshofs
Tuch, Seide, Metall (vergoldet), Leinen, Filz, Rips
Reitrock Rückenlänge 99 cm; Zylinder 14 x 23 x 29,5 cm
um 1910

© Schloß Wernigerode, Inv.-Nr. Tx 1006 a-d

Jahrhundertelang war die Jagd nicht nur ein bevorzugter Zeitvertreib des Adels, sondern zugleich dessen exklusives Privileg. Sie diente nicht nur der Nahrungsbeschaffung und körperlichen Ertüchtigung, sondern war zugleich Ausdruck von Stand und Repräsentation. Auch wenn sich die Standesunterschiede im Verlauf des 19. Jahrhunderts nicht mehr so scharf abgrenzten, bildeten die alljährlichen Hofjagden bis zum Ende der Monarchie glanzvolle gesellschaftliche Ereignisse.

Im Vorzimmer der Königswohnung von Schloss Wernigerode, die für die regelmäßigen Jagdaufenthalte des preußischen Königs Wilhelm I. (1797-1888) und seiner Nachfolger geschaffen wurde, wird eine Hofjagduniform ausgestellt, die einen anschaulichen Eindruck von der prächtigen Inszenierung solcher Jagden vermittelt. An dem leuchtend roten Reitrock aus feinem Wolltuch sind vergoldete Knöpfe angebracht, die das bekrönte, von Geweihstangen flankierte Herrschermonogramm „W“ zeigen. Zum Hemd mit gestärktem Piquéeinsatz und Manschetten trug man eine weiße Fliege, während der Zylinder aus schwarzem Filz, dessen innen angebrachtes Signet „R. Spangenberg“ in der Berliner Friedrichstraße als Hersteller ausweist, die geradezu feierliche Erscheinung der (ausschließlich männlichen) Jagdgesellschaft abrundete.

Durch Gemälde, Grafiken und Fotografien sind diese beispielsweise im Innenhof des Jagdschlosses Grunewald und in dessen Umgebung überliefert, das als der älteste noch erhaltene Schlossbau Berlins schon seit dem 16. Jahrhundert waidmännischen Vergnügungen diente. Das 2021 im Berliner Kunsthandel erworbene Ensemble der Jagduniform bereichert somit die Dauerausstellung in Schloss Wernigerode auch um den bedeutenden Aspekt der höfischen Kleidung.

Autor: Ulrich Feldhahn

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Treten Sie ein!

Holztür mit Wappen
Eiche, teilweise geschnitzt, Bronze, um 1870
ca. 230 x 110 cm

© Schloß Wernigerode GmbH, Inv.-Nr. Bk 000049

Schloss Wernigerode stellt ein über Jahrhunderte gewachsenes Bauensemble dar. Das in ihm befindliche Kunst- und Kulturgut beschränkt sich nicht nur auf seine bewegliche Ausstattung, sondern umfasst auch mit dem Gebäude fest verbundene Bestandteile. Dazu gehören beispielsweise Altar, Kanzel und Orgel in der Schlosskirche, plastische Dekorationen im Treppenhaus oder kunstvoll gestaltete Portale und Vertäfelungen. Für die Inventarisierung dieser Gattung auf der Plattform museum-digital, die von der Öffentlichkeit unmittelbar mitverfolgt werden kann, wurde dafür eigens die Rubrik „Baugebundene Kunst“ ins Leben gerufen.

Unter dieser wurde kürzlich eine einflügelige Tür aus Eichenholz im neugotischen Stil aufgenommen, die vermutlich von Schlossbaumeister Carl Frühling ( 1839-1912) entworfen wurde, der den weitreichenden Um- und Ausbau des Schlosses im 19. Jahrhundert leitete. Sie diente ursprünglich als Haupteingang über den Schlosshof und Treppenturm zu den im Erdgeschoss gelegenen Repräsentations- und Wohnräumen und führt in den Vorraum der Halle. 

In der Mitte des seitlich abgeschrägten Sturzes befindet sich das plastisch gearbeitete Stammwappen der Familie zu Stolberg, das einen nach links schreitenden Hirschen zeigt.  Die sieben symmetrisch angeordneten Füllungen des Türblatts weisen geschnitztes Faltwerk auf, das an textile Behänge erinnert, während der geschwungene Türgriff mit Schlüsselschild aus Bronze gearbeitet ist. Mit der Aufnahme derartiger Ausstattungsstücke soll nicht zuletzt auch der Blick der Besucherinnen und Besucher des Schlosses auf diese oft übersehenen Details gelenkt werden, die neben ihrer praktischen Funktion meist auch eine kunsthandwerkliche Qualität aufweisen.

Autor: Ulrich Feldhahn

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