Wernigeröder Winterfreuden

Das Rathaus Wernigerode mit dem Markt im Winter

Gemälde von Ernst Helbig (1802-1866)

Öl/Leinwand, 1842

29 x 23,2 cm

© Schloß Wernigerode GmbH, Inv.-Nr. Ge 000149

Das Rathaus von Wernigerode gehört zu den berühmtesten und häufigsten dargestellten Bauwerken des Harzes. Ursprünglich um 1420 als gräfliches Spielhaus über einem Weinkeller errichtet, erhielt es im späten 15. Jahrhundert sein markantes Obergeschoss aus Fachwerk mit zwei charakteristischen Erkertürmchen vor hochaufragendem Schieferdach, die es zu einem architektonischen Wahrzeichen von hohem Wiedererkennungswert machten. Im Sommer 2021 ist es gelungen, eine besonders reizvolle Ansicht des Rathauses für die Sammlungen von Schloß Wernigerode zu erwerben.

Sie zeigt das Gebäude mit dem davorliegenden Markplatz in einer ausgesprochen atmosphärischen Winterstimmung und wurde 1842 von Ernst Helbig gemalt, der als sich als bedeutender Landschaftsmaler der Romantik insbesondere der Region seiner Heimat im Harz widmete. Bereits 2002 wurde Helbigs Leben und Werk in einer zu seinem 200. Geburtstag veranstalteten Sonderausstellung auf Schloß Wernigerode gewürdigt. Im Werkverzeichnis der Begleitpublikation erschien auch die winterliche Ansicht des Wernigeröder Rathauses, die jedoch zu dem Zeitpunkt noch als „verschollen“ galt, sodass ihre Wiederentdeckung und Erwerbung als eine kleine Sensation gelten dürfen.

Der als Sohn eines Hofgärtners in Stolberg geborene Helbig erhielt seine Ausbildung in Dresden, wohin er sich zunächst als Autodidakt begab, um ab 1825 die dortige Kunstakademie zu besuchen. Für Helbigs Karriere sollte insbesondere der Kontakt zu dem aus Dänemark stammenden Künstler Johan C. Dahl, der in Dresden im selben Haus wie Caspar David Friedrich wohnte, von großer Bedeutung werden. Im Jahr 1830 zog Helbig nach Halberstadt und von dort 1843 nach Nöschenrode bei Wernigerode, wo er bis 1861 lebte, als ihn eine Krankheit zwang, seine letzten Jahre in einem Heim des Johanniterordens in Mansfeld zu verbringen.

Helbigs Gemälde zeigt das schneebedeckte Wernigeröder Rathaus mit dem davorliegenden Markplatz, auf dem sich zahlreiche Menschen, darunter Händlerinnen und deren Kunden sowie spielende Kinder bewegen. Über dem barocken Dachreiter mit Glocke auf dem Rathausdach bricht der grau-bedeckte Himmel an zentraler Stelle auf und lässt ein helles Licht herabfallen, das die gesamte Szenerie in eine beinahe unwirkliche Atmosphäre taucht. In dem Bild verbindet sich somit die wirklichkeitsgetreue Darstellung des Rathauses einschließlich der benachbarten Gebäude sowie des winterlichen Markttreibens mit einer geradezu emotional aufgeladenen Licht- und Wetterstimmung, wie sie für die Malerei der Romantik charakteristisch ist.

Erfahren Sie mehr zu diesem und zahlreichen weiteren digitalisierten Sammlungsbeständen unter: https://st.museum-digital.de/musdb/objekt_cha.php?objektnum=100802

Autor: Ulrich Feldhahn