Breit gefächert

Faltfächer mit einer Darstellung des Gemäldes „La Vicaria“ von Marià Fortuny; Spanien, um 1900

Elfenbein, „Schwanenhaut“ (feines Ziegen- oder Schafsleder), Seide, Gouachemalerei

Maße: 23 x 45,5 cm © Schloß Wernigerode, Inv.-Nr. Kg 97

Wenn die Temperaturen steigen und die Luft allmählich stickig wird, verwenden Menschen seit Jahrtausenden gerne ein Utensil, das auf rein mechanische Weise Abhilfe schafft: einen Fächer. Frühe Darstellungen aus Ägypten zeigen große Palmwedel, mit denen Diener der Herrschaft Kühlung zufächelten, aber es war vor allem der selbst zu betätigende Handfächer, der im Lauf der Zeit eine große Vielfalt an Formen und Dekoren hervorbrachte. Insbesondere im Europa des 17. bis 19. Jahrhunderts gehörte er zum obligatorischen Requisit der gehobenen Damenwelt, während beispielsweise im asiatischen Raum auch durchaus Männer von ihm Gebrauch mach(t)en.

In den buchstäblich „breit gefächerten“ Sammlungen von Schloß Wernigerode befinden sich gleichfalls einige solcher Exemplare, unter denen ein um 1900 in Spanien entstandener Faltfächer besonders herausragt. Er ist im Vitrinenschrank der Grünen Henrichskammer ausgestellt. Sein von einem Rahmen aus gesägtem und bemalten Elfenbein gehaltenes Fächerblatt ist aus feinem Ziegen- oder Schafsleder gearbeitet, das man damals romantisierend als „Schwanenhaut“ bezeichnete. Darauf befindet sich in zarter Gouachemalerei die verkleinerte Wiederholung eines seinerzeit berühmten Gemäldes des spanischen Malers Marià Fortuny (1838-1874) mit dem Titel „Die spanische Hochzeit“ oder „La Vicaria“ (Das Pfarrhaus). Dieses zwischen 1868 und 1870 entstandene Bild zeigt die Unterzeichnung eines Heiratsvertrages in einem prächtigen Raum, der im Hintergrund von einem kunstvollen Gitter begrenzt wird. Die darauf versammelten Figuren, darunter der das Dokument unterschreibende Bräutigam, seine Braut und eine Vielzahl an Angehörigen, tragen Kleidung des späten 18. Jahrhunderts, wobei die Roben der Damen auch Elemente der Mode zur Entstehungszeit des Bildes erkennen lassen.

Das sich stilistisch an der Kunst des spanischen Künstlers Francisco Goya (1746-1828), in seiner Malweise aber auch am damals aktuellen Impressionismus orientierende Gemälde erfreute sich großer Beliebtheit und befindet sich heute im Museu Nacional d’Art de Catalunya in Barcelona. Nicht zuletzt ließ die Tatsache, dass einige der darauf abgebildeten Damen selbst Fächer in der Hand halten, es offenbar als Vorlage für die Dekoration eines solchen geeignet erscheinen. Auf der in Seide gearbeiteten Rückseite des Fächers befindet sich dagegen die Darstellung einer Turmvilla in südlicher Landschaft unter einem sich verdunkelnden Himmel, deren Atmosphäre geradezu zum unmittelbaren Gebrauch des Lufterfrischers einzuladen scheint.

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