Wohl behütet durch den Winter

Unbekannter Hersteller: Kinderhut für ein Mädchen, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Seide, Rips, Fell, Gummiband; Durchmesser ca. 25 cm

© Schloß Wernigerode, Inv.-Nr. Tx 000225

Innerhalb der 2022 für Schloß Wernigerode mit Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Harzsparkasse sowie des Landes Sachsen-Anhalt erworbenen Mode- und Textilsammlung von Ralf Schmitt (1963-2021) aus Trier nehmen historische Kleidungsstücke für Kinder einen besonderen Raum ein. Diese reichen vom spitzenbesetzten Taufkleid über Spiel- und Freizeitkleidung bis zum hochwertigen Konfirmationsanzug und umfassen auch Accessoires wie Handschuhe, Mützen oder Hüte.

Zu letzteren gehört auch das Modell eines für ein etwa sechsjähriges Mädchen angefertigten Hutes aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der aufgrund seines ungewöhnlichen Fellbesatzes eine Besonderheit darstellt. Die mit rehbrauner Seide bezogene und gefütterte Kopfbedeckung besitzt eine breite Krempe; die flache Hutkrone umgibt ein braunes Ripsband, dessen Enden hinten herabfallen, während ein elastisches Gummiband zur Befestigung unter dem Kinn dient. Auf dem Hut befinden sich zwei runde Lederstreifen mit mittelbraunem lockigem Fell, bei dem es sich vermutlich um Schaffell handelt. Diese Machart weist ihn als Winterhut aus, wenngleich die wärmende Eigenschaft des Fells hier nur marginal erscheint, während zumindest auf den ersten Blick der Eindruck entsteht, dass die Haare der Trägerin aus ihm herauswachsen – ein lustiger und vielleicht beabsichtigter Effekt, der auch gerne bei neuzeitlichen Wollmützen erzielt wird, denen oben ein (künstlicher) Haarschopf zu entwachsen scheint.

In jedem Fall dürfte die einstige Eigentümerin, über die ebenso wenig bekannt ist wie über den Hutmacher, einer eher gehobenen Gesellschaftsschicht angehört haben. Dies legt allein die handwerkliche Verarbeitung nahe, wie auch die Tatsache, dass ein solches Kleidungsstück in Anbetracht des schnellen Wachstumsprozesses eines Kindes nur kurze Zeit passgerecht war. Somit verraten auch Objekte dieser Art immer einiges über die jeweilige Epoche, in der sie entstanden sind und machen uns diese umso anschaulicher.

Autor: Ulrich Feldhahn; Link zu museum-digital.de: https://nat.museum-digital.de/object/1480319